Vom grauen zum grünen Koloss 

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Vom grauen zum grünen Koloss 

Museum/Ausstellung | Ressourcen 

Bundeskunsthalle Bonn

Die Bundeskunsthalle Bonn hat den Klimaschutz zur Chefsache gemacht: Dank ihrer Ausbildung zur Transformationsmanagerin Nachhaltige Kultur bestimmt Intendantin Eva Kraus den Nachhaltigkeitsfahrplan des Hauses selbst. Hier orientiert man sich am ambitionierten Klimaplan der Stadt Bonn und möchte den CO2-Ausstoß des Hauses pro Jahr um 7 Prozent reduzieren.  

Mit ihrer baulichen Präsenz bildet die Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland (kurz: Bundeskunsthalle) das Zentrum der Bonner Museumsmeile. Nicht nur ihre architektonischen, auch ihre historischen Dimensionen beeindrucken: Als im Oktober 1989 der Grundstein gelegt wurde, befand sich Deutschland mit der sich anbahnenden Wiedervereinigung in der bislang größten politischen Umbruchphase seiner Nachkriegsgeschichte. Nicht zuletzt galt daher die Halle bei ihrer Eröffnung am 19. Juni 1992 als Prestigebau aus einer Zeit, in der das Motto „nicht kleckern, sondern klotzen“ zum guten Ton gehörte. „Was man allerdings auch an unserem Gebäude sieht: Ressourcenschonung damals noch nicht die oberste Prämisse“, konstatiert rund drei Jahrzehnte später die heutige Intendantin Dr. Eva Kraus.  

Allein die auf mehrere Räume unterschiedlicher Größe aufgeteilte Ausstellungsfläche umfasst rund 5.500 Quadratmeter, die, bei einer Raumhöhe von bis zu neun Metern, beheizt und belüftet werden müssen; hohen Energiebedarf gibt es darüber hinaus in den Depots und der Verwaltung, und wenn man den CO2-Fußabdruck der Bundeskunsthalle näher unter die Lupe nimmt, spielt auch die Mobilität eine nicht unerhebliche Rolle: Das Haus hat keine eigene Sammlung und muss die Ausstellungsstücke durch Speditionen von außerhalb beschaffen. Hinzu kommt die Mobilität der Besucher:innen sowie die der Mitarbeitenden.

Weitere Faktoren, die die Klimabilanz des Hauses beeinflussen und im Zeichen des Klimawandels zeitgemäße Lösungen verlangen, sind der Ressourcenverbrauch durch den Bau von speziellen Ausstellungsarchitekturen, der Wasserverbrauch und der Abfall.  

2016, vier Jahre bevor Eva Kraus ihre Stelle in Bonn antrat, hatte die Bundeskunsthalle mit der 100-prozentigen Nutzung von Ökostrom einen ersten großen Schritt Richtung Klimaneutralität getan. Die Intendantin, die bereits in ihrer vorherigen Position als Leiterin des Neuen Museums in Nürnberg das Thema Nachhaltigkeit auf die Agenda gesetzt hatte, wollte die Dinge jedoch systematischer angehen. „Wenn es um Nachhaltigkeit und Klimaschutz geht, landet man schnell bei den üblichen Schlagworten, den so genannten ‚low hanging fruits‘. Doch worum geht es eigentlich?“, fragt Eva Kraus. „Ich wollte zunächst einmal lernen und begreifen, wie die Probleme und Maßnahmen zusammenhängen und wie ein wirksames Nachhaltigkeitsmanagement aussehen kann.“ 

Mit mehr Wissen zur Tat schreiten 

Den auch ihr als Intendantin zustehenden Anspruch auf Weiterbildung nutzte Eva Kraus effektiv: Statt eines der üblichen Führungskräfteseminare absolvierte sie im Winter 2021/22 eine Ausbildung zur „Transformationsmanager:in Nachhaltige Kultur“, die in diesem Zeitraum erstmals vom Aktionsnetzwerk Nachhaltigkeit in Kultur und Medien in Zusammenarbeit mit der IHK Köln und der Energieagentur NRW angeboten wurde. „Diese von Expert:innen durchgeführte Ausbildung war intensiv und anspruchsvoll“, sagt Eva Kraus, die sich beim „Durchbüffeln“ der Materie durchaus in ihre Studienzeit zurückversetzt fühlte – dafür aber heute (im Gegensatz zu den meisten anderen Führungskräften auf dem kulturellen Sektor) u. a. weiß, wie man eigenhändig eine Klimabilanzierung vornimmt. Neben der Wissensvermittlung spielt die Vernetzung der Akteur:innen eine entscheidende Rolle. Hierbei geht es nicht nur darum, die betrieblichen Abläufe hinsichtlich ihrer Klimawirkung im Erfahrungsaustausch zu verbessern, sondern auch durch Außendarstellung als Vorbild für andere Kultureinrichtungen zu dienen. Denn trotz aller klimapolitischen Weichenstellungen, die nicht zuletzt von der aktuellen Bundesregierung ausgegangen sind: Selbst bei einer Bundeseinrichtung wie der Bundeskunsthalle halten sich offizielle Vorgaben für einen (ökologisch) nachhaltigen Betrieb in überschaubaren Grenzen.  

„Tatsächlich gehen wir größtenteils intrinsisch an die Sache heran“, erklärt Eva Kraus, die als Intendantin eines dem Bund und den Ländern unterstellten öffentlichen Unternehmens nicht ohne Weiteres auf kommunale Fördermittel zurückgreifen kann. Ansporn aus dieser Ebene erhält die Leiterin der Bundeskunsthalle dennoch, nämlich von der Stadt Bonn, die auf Basis eines umfassenden Aktionsplans bis zum Jahr 2035 klimaneutral werden möchte.1 Eva Kraus: „Dieses Ziel verfolgen auch wir.“ Um es zu erreichen, hat sich das Haus die Umsetzung eines umfassenden Katalogs kurz-, mittel- und langfristiger Maßnahmen vorgenommen, der, ausgehend von einem bereits vorliegenden Masterplan, immer weiter geschärft und auf die Bedürfnisse des Hauses abgestimmt wird. Denn der Klimaschutz soll nach Willen der Intendantin nicht gegen die Qualität des Ausstellungsbetriebs ausgespielt werden.

Die Besonderheiten des Gebäudes sind zu berücksichtigen: Solarpaneele auf dem Dach zum Beispiel sind grundsätzlich eine gute Methode zur erneuerbaren Energiegewinnung. Im Falle der Bundeskunsthalle kommen sie jedoch kaum in Betracht, da ein Großteil des rund 8.000 Quadratmeter umfassenden Dachgartens als Ausstellungsfläche genutzt wird.

Was aber spräche gegen eine stärkere Begrünung? Und selbst die Investition in eine kleine Moorlandschaft außerhalb des Geländes ist für Eva Kraus denkbar. 

Systematische CO2 Reduktion verankern 

Die Aufgaben umfassen eine Vielzahl von Bereichen von Materialbeschaffung über E-Mobilität und Transportlogistik bis hin zu technischen Innovationen und baulichen Maßnahmen. Das Ziel, das sich Eva Kraus und ihr Team gesetzt haben, liegt bei einer Reduzierung des CO2-Ausstoßes um 7 Prozent pro Jahr. Was hierfür notwendig ist, erarbeiten und koordinieren die Intendantin und ihr kaufmännische Geschäftsführer Oliver Hölken derzeit gemeinsam mit einer regelmäßig zusammentretenden Arbeitsgruppe. „Gerade am Anfang bedeutet das viel Aufwand, weil wir die Daten aus allen Bereichen und Gewerken des Hauses zusammentragen müssen“, berichtet Eva Kraus. Doch ist der Kraftakt erst einmal geschafft, lässt sich die auf vielen Excel-Tabellen basierende Zahlenlogistik systematisieren. Schon die ersten Auswertungen zeigen, dass das Haus auf dem richtigen Weg ist. Wichtig ist es, Informationen und Bedarfe separat zu erfassen, damit man im Fall geeigneter Förderangebote konkrete Anträge stellen kann. 

Um unsere Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, sind wir momentan auf das Engagement angewiesen, das unsere Mitarbeiter:innen zusätzlich zu ihrem normalen beruflichen Pensum aufbringen.

Für die Zukunft unabdingbar, zurzeit aber noch nicht bewilligt, ist die Schaffung einer neuen Stelle – der einer:s Nachhaltigkeitsbeauftragten mit ökologischem, technischem und betrieblichem Knowhow im Nachhaltigkeitsmanagement, bei der alle Aktionsfäden zusammenlaufen. Denn gerade im konkreten Fall repräsentativer Kulturbauten zeigt sich, dass sich Klimaschutz nicht mit Worten, sondern nur durch professionelle Arbeit umsetzen lässt. 

Stephan Schwarz-Peters 

 

Autor:in: Stephan Scharz-Peters
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