Nachhaltigkeit ist ein Teamsport

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Städte/Kommunen | Kooperation 

Das Bündnis KlimaKultur in Würzburg

Das Bündnis KlimaKultur in Würzburg zeigt als Next Practice, wie es gelingt, sich gemeinsam für eine nachhaltige und zukunftsfähige Kulturbranche einzusetzen. Achim Könneke, Kulturreferent und Initiator des Bündnisses, erzählt, welche Themen die städtischen und freien Kultureinrichtungen strategisch angehen und wie sie den Prozess zusammen gestalten.

Das Bündnis KlimaKultur in Würzburg wurde 2021 auf Initiative des Kulturreferenten Achim Könneke gegründet. Es besteht aus sämtlichen städtischen Einrichtungen, u. a. dem Museum im Kulturspeicher, Mainfrankentheater, Stadtarchiv, der Sing- und Musikschule, Stadtbücherei und mehreren freien Einrichtungen. (u.a. Theater Chambinzky, Umsonst & Draussen Festival) sowie dem Dachverband der Freien Würzburger Kulturträger. Aus Achim Könnekes´ Sicht macht „ein Bündnis auf vielen Ebenen Sinn, da man gemeinsam und strategisch vorgehen kann.“ Im Kollektiv lassen sich die Einrichtungen und Festivals professionell coachen und entwickeln Strategien und Projekte. Bisher vor allem im Bereich Betriebsökologie. Dadurch können Synergieeffekte genutzt und Ressourcen geschont werden. Ein großer Mehrwert entsteht darüber hinaus aus dem Austausch und der Kooperation zwischen den Einrichtungen, die im Alltag aufgrund der programmatischen Distanz wenig bis gar nicht interagieren.

Wie gelingt das Banden bilden?

Am Anfang sollte man sich „immer die Partner suchen, die intrinsisch motiviert sind“, rät Achim Könneke. „Wenn ich etwas bewegen möchte, brauche ich eine kritische Größe von Gleichgesinnten und ich brauche Vorbilder, die andere motivieren, in dem sie überzeugende Sachen entwickeln. Ob das dann erstmal drei, vier oder wie bei uns gleich 17 sind, das ist egal.“ Also nicht warten, bis alle mitmachen und überzeugt sind, sonst beginnt man nie. Zudem sind Vertrauen und Solidarität Voraussetzung für funktionierende Banden und Bündnisse. „In den 30 Jahren, in denen ich im Kulturbereich unterwegs bin, habe ich oft erlebt, dass die Solidarität zwischen Einrichtungen und Szenen in der Praxis viel zu wenig aktiv gelebt wird.” Ein gemeinsames Ziel kann helfen, sich neu daran zu wagen, dieses Vertrauen untereinander aufzubauen und gemeinsam die Kultur in der Stadt voranzubringen.

„Wenn ich etwas bewegen möchte, brauche ich eine kritische Größe von Gleichgesinnten und ich brauche Vorbilder, die andere motivieren, in dem sie überzeugende Sachen entwickeln. Ob das dann erstmal drei, vier oder wie bei uns gleich 17 sind, das ist egal.“

„Es braucht den Mut, mit kleinen Schritten anzufangen.“

Der Fokus im Bündnis lag nach der Gründung erstmal auf den ökologischen Aspekten der Nachhaltigkeit. Nachdem am Anfang über ein sechsmonatiges Coaching Wissenserwerb und Kompetenzbildung im Vordergrund standen, um die eigenen betriebsökologischen „Baustellen“ zu identifizieren und sich eine strategische Basis zu erarbeiten, werden mittlerweile konkrete Maßnahmen geplant und umgesetzt. Hierzu zählen neben energiesparende Maßnahmen wie LED-Umrüstungen und Ökostrombezug, Umfragen zum Mobilitätsverhalten und in einem ersten Konvoi von fünf Einrichtungen und Festivals inzwischen abgeschlossene Klimabilanzierungen. Geplant sind zum Beispiel Workshops zu Gemeinwohlorientierung/-bilanzierung und nachhaltiger Beschaffung. Über ein neues Förderprogramm Nachhaltigkeit finanziert oder fördert das Kulturreferat diverse Maßnahmen der Transformation. So wird aktuell den ersten drei Mitarbeiter:innen aus verschiedenen Institutionen die Weiterbildung „Transformationsmanager:in Nachhaltige Kultur“ finanziert, um gezielte Qualifizierung des Personals zu erreichen.  „Dass die Direktionen solch zeitaufwendigen Qualifikationen zustimmen, wäre vor zwei Jahren noch nicht denkbar gewesen. Heute heißt es: das kriegen wir hin“, so Achim Könneke.

„Wichtig ist vor allem, dass die Einrichtungen selbstkritisch ihre Haltungen und gesellschaftlichen Aufgaben reflektieren und ins Handeln kommen.“

Die Einrichtungen hatten den Anspruch, zuerst „vor der eigenen Haustür zu kehren“ und die eigenen betriebsökologischen Handlungsfelder zu identifizieren. Das lief sehr gut an. Jetzt wird auch über Inhalte diskutiert. Derzeit plant das Bündnis beispielsweise eine Projektwoche, bei dem alle Veranstaltungen klimaneutral durchgeführt werden. Das Erfahrungswissen, das im Rahmen der Veranstaltungen gesammelt wird, soll schrittweise dabei helfen, ein neues „Normal“ zu entwickeln.

Grundsätzlich hält Achim Könneke es für wichtig, Nachhaltigkeit nicht nur ökologisch, sondern ganzheitlich im Sinne der 17 SDGs zu verstehen. „Auch soziale Aspekte der Nachhaltigkeit wie Bildung, Teilhabe, Inklusion und Betriebsethik sind für Kultureinrichtungen zentrale Herausforderungen mit zunehmendem Handlungsdruck.“ Strenge Vorgaben für verpflichtende Maßnahmen zu machen, hält er aber (vorerst) nicht für sinnvoll. „Wichtig ist vor allem, dass die Einrichtungen selbstkritisch ihre Haltungen und gesellschaftlichen Aufgaben reflektieren und ins Handeln kommen.“

In der Stadt Würzburg wird das Bündnis KlimaKultur als wichtiger Akteur wahrgenommen.

In den letzten zwei Jahren wurde die Zusammenarbeit und Kooperation mit anderen Referaten und Dienststellen wie dem Umwelt- und Baureferat ausgebaut, die gerade für Themen wie Gebäude, Mobilität und Energie wichtig sind. Dadurch wurden mehrere Kultureinrichtungen in den Sanierungsplan der Stadt aufgenommen worden. Momentan wird ebenfalls verstärkt mit der städtischen Vergabestelle zusammengearbeitet, um nachhaltige Vergabekriterien und -verfahren zu erproben. Nachdem beim Hafensommer das Festivalcatering weitestgehend auf ein vegetarisches Angebot umgestellt wurde, wollen sie jetzt auch bei der Auswahl von Biersorten und -lieferanten auf ökologischen Kriterien achten.

Durch diese Pilotprojekte agiert das Bündnis oft als Vorreiter in der Stadt. Die Erfahrungswerte können zukünftig dann auch in anderen Bereichen angewandt werden. Auf was kommt es bei funktionierenden Kooperationen an? Achim Könneke sagt dazu: „Bei der Suche immer schauen, wo sind schlagkräftige Partnerschaften möglich.“ Die innerstädtische Vernetzung hilft dabei, ein Verständnis dafür zu entwickeln, „dass Nachhaltigkeit kein „Thema“ oder „Projekt“ ist, sondern zunehmend die Unternehmenslogiken verändern muss – auch wenn das ein längerer Prozess ist. „Aber das ist kein Problem. Bei uns hat sich in zwei Jahren schon viel getan. Alle sind noch dabei und viele engagieren sich auch freiwillig.“

Nachhaltigkeit braucht Haltung und Mut

Natürlich gibt es auch im Bündnis unterschiedliche Grade an Motivation und verschiedene Geschwindigkeiten, mit der Nachhaltigkeit angegangen wird. Laut Achim Könneke ist die Motivation auf der Mitarbeiter:innen-Ebene meistens vorhanden, auf manchen Leitungsebenen ist da noch “Optimierungspotenzial“. „Aber das muss man lernen auszuhalten. Ich versuche es positiv zu sehen, dass auch die noch nicht wirklich Überzeugten immer noch dabei sind und hoffe da auf die Motivationskraft des Bündnisses.“ Die Kolleg:innen, die an einem Strang ziehen, motivieren zugleich auch, Widerstände auszuhalten. „Mensch darf nicht erwarten, dass einem alle zujubeln, im Gegenteil. Das ist leider noch so und das spricht für sich. Aber das spricht nicht gegen die Leute, die den Paradigmenwechsel vorantreiben wollen.“ Da braucht es Haltung und auch den Mut, sich gegenseitig den Rücken zu stärken.

Auch über Betriebsökologie hinaus bietet die Arbeit im Bündnis viele Chancen

„Wenn wir Glück haben und es gut anpacken, dann ist Betriebsökologie in zehn Jahren vielleicht kein Thema mehr. Aber die Fragen nach dem Sinn unserer Arbeit und danach, wie wir in einer sich dynamisch verändernden Gesellschaft, mehr Relevanz entfalten und enkeltauglicher werden, wie wir uns besser in die Stadtgesellschaft inkludieren, diese Legitimationsfragen werden zunehmen“, meint Achim Könneke. Das Bündnis ist dafür ein guter Modellversuch.

Autor:in: Teresa Trunk
Foto: Marco Heyda
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