Ein Kraftwerk aus Kunst, Kultur und Kreativität in der Transformation

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Ein Kraftwerk aus Kunst, Kultur und Kreativität in der Transformation

Theater/Bühne | Förderung 

Staatsoperette Dresden

Die Staatsoperette Dresden ist mit seinen 280 Mitarbeiter:innen ein facettenreicher Kulturort für Operette, Musical und Revuen. Seit 2021 befindet sich das Haus in einem Transformationsprozess, der durch die Initiative Culture for Future eng vom Kulturamt Dresden begleitet wird. Im Gespräch mit Jana Herkner, Referentin der Intendanz und Projektleiterin, ziehen wir eine Zwischenbilanz.

Die Spielstätte der Staatsoperette Dresden im Kraftwerk Mitte ist selbst bereits symbolträchtiger Ort für Transformation: Das frühere Heizkraftwerk ist heute ein blühendes Kulturgelände, in dem neben der Staatsoperette das Theater Junge Generation und weitere Kulturakteure seit 2016 Heimat gefunden haben. Ein großes Glück, denn energetisch gesehen ist das Haus durch den Neubau mit einer vollständigen LED-Lichttechnik und einer eigenen Photovoltaikanlage bestens ausgestattet.

Die Staatsoperette und vier weitere Dresdner Kultureinrichtungen wurden im Rahmen des Culture for Future Programms bei der Entwicklung einer Nachhaltigkeitsstrategie unterstützt.

Der innerbetriebliche Transformationsprozess der Staatsoperette begann 2021 auf Initiative des Kulturamts Dresden, das deutschlandweit eine Vorreiterrolle als kommunaler Förderer einer nachhaltigen Ausrichtung der städtischen Einrichtungen einnimmt. Der Kulturentwicklungsplan 2020 sieht vor, dass Nachhaltigkeit als Querschnittsaufgabe gesehen wird und alle städtischen Kulturbetriebe bis 2030 erfolgreich eine Nachhaltigkeitsstrategie umgesetzt haben. Die Staatsoperette und vier weitere Dresdner Kultureinrichtungen wurden im Rahmen des Culture for Future Programms bei der Entwicklung einer Nachhaltigkeitsstrategie unterstützt. Diese soll zum einen Maßnahmen zum Klimaschutz beinhalten als auch innere soziale und wirtschaftliche Strukturen zukunftsfähig machen.

Der Prozess der Strategieentwicklung

Der Strategieentwicklungsprozess wurde von der Denkfabrik adelphi angeleitet und orientierte sich am Grundsatz der Co-Creation, was bedeutet, dass die Entwicklung Bottom-Up von einem Querschnitt der Belegschaft gemeinsam gestaltet wurde. Ein solcher partizipativer Ansatz hilft, um die Identifikation der Mitarbeiter:innen mit dem Thema zu stärken und bereits in der Entwicklung eine enge Verzahnung zu den täglichen Arbeitsprozessen herzustellen. Bereits die Anfrage des Kulturamts und später auch die Herangehensweise stieß auf offene Ohren, und sorgte für eine große Beteiligung und Motivation der Mitarbeitenden. Die externe Hilfe wurde als eine gute Starthilfe gesehen, da es zum damaligen Zeitpunkt noch keine konkreten Zahlen zu Verbrauchswerten oder Tools gab, die einen Anhaltspunkt für eine strategische Ausrichtung gegeben hätten.

Das Transformationspotenzial der Staatsoperette

Transformationspotenzial haben die prozessbeteiligten Mitarbeiter:innen in den Handlungsfeldern „Mobilität“, „Ressourcen, Beschaffung und Fundus“, „Verwaltung und Digitales“, „Kommunikation“ und „Mitarbeitende“ identifiziert. Das größte Veränderungs- und Wirkungspotenzial liegt für Jana Herkner dabei vor allem im Aktionsfeld „Ressourcen, Beschaffung und Fundus“.  Weiternutzung und Umnutzung war schon immer gelebte Praxis in der Staatsoperette. Bisher wurde diese Praxis weniger bewusst unter dem Gesichtspunkt Nachhaltigkeit gesehen, sondern entsprang einer gelebten, theaterpraktischen Tradition. Heute wird jedoch die Möglichkeit der Weiternutzung bereits bei der Planung von Bühnenbildern oder auch des Spielplans stärker bedacht, um immer mehr in Richtung von Materialkreisläufen zu gelangen.

Das größte Veränderungs- und Wirkungspotenzial liegt vor allem im Aktionsfeld „Ressourcen, Beschaffung und Fundus“.

Möchte man den Ansatz der Weiternutzung jedoch intensiv ausbauen, steckt darin auch eine der größten Herausforderungen: Das A und O für einen kreislauffähigen Produktionsbetrieb sind entsprechende Lagerflächen. Das allein ist bereits eine große Schwierigkeit, die ohne politische Unterstützung nicht umsetzbar ist. Denkt man den Ansatz weiter, braucht es dann auch eine Digitalisierung und Katalogisierung des bestehenden Fundus und eine konstante Betreuung. Damit wären die strukturellen Voraussetzungen für einen nachhaltigen Produktionsbetrieb deutlich verbessert. Vieles davon ist tatsächlich noch Zukunftsmusik und ohne politische Unterstützung nicht machbar, aber für die Staatsoperette letztendlich die Richtung, in die es gehen muss, um wirklich nachhaltige Produktionsbedingungen zu schaffen. Die Hoffnung wäre, dass bis dahin auch rechtliche Hürden und Haftungsfragen der Weiternutzung geklärt sind. Für solche Themen schätzt Jana Herkner den Austausch im städtischen Netzwerk der Dresdner Kultureinrichtungen, das seit dem Culture for Future Programm essenzielle Nachhaltigkeitsfragen diskutiert.

Kurz-, mittel- und langfristige Umsetzungshorizonte

Zum Glück bringen nicht alle Handlungsfelder derart große Fragen mit sich. Für die Nachhaltigkeitsstrategie wurden Maßnahmen der Veränderung in kurz-, mittel- und langfristige Umsetzungshorizonte unterteilt und darauf geachtet, dass die Maßnahmen in einem realisierbaren Umfang sind. Zunächst wurden die angestoßen, die die Nachhaltigkeits-AG selbst in die Hand nehmen konnte. Kurzfristige, scheinbar kleine Veränderungen, haben sich für die Bewusstseinsbildung im Haus als sehr wertvoll herausgestellt: Mit einem Leitfaden, der alle Informationen zur Staatsoperette, Vorgehensweisen und hausinternen Angeboten enthält, wurde ein wichtiger Aspekt der sozialen Nachhaltigkeit abgedeckt, der im Onboarding-Prozess neuen Mitarbeiter:innen schnell Orientierung im Haus gibt und das Ankommen im neuen Arbeitsumfeld erleichtert.  Aktuell wird zudem an einem technischen Leitfaden für externe Regieteams zu vorhandenen Grundbaumaterialien und deren Verwendungsmöglichkeiten gearbeitet, der einen großen Effekt bei der nachhaltigen Entwicklung u. a. von Bühnenbildern verspricht. Große Fortschritte konnten auch in anderen Bereichen der „Kommunikation“ erzielt werden, indem viele Kommunikationswege durch digitalisierte Prozesse vereinfacht wurden.

Zwischenbilanz nach zwei Jahren Strategieumsetzung

Jana Herkner’s Zwischenbilanz nach zwei Jahren fällt überwiegend positiv und zuversichtlich aus, auch wenn die Umsetzung der Strategie Zeit braucht. Je weiter man im Prozess fortschreitet, desto größer werden die Aufgaben und desto mehr Zeit nimmt die Umsetzung in Anspruch.

Die AG Nachhaltigkeit hat inzwischen sämtliche kurz- und mittelfristige Maßnahmen erfolgreich umgesetzt. Weitere Maßnahmen mit langfristigem Zeithorizont sind bei der Leitung angesiedelt und werden unter der Federführung von Jana Herkner koordiniert. So beispielsweise die aktuell laufende Klimabilanzierung mit dem neu entwickelten E-Tool der Städte Dresden und Leipzig. Mit diesem neuen Rechner wurde eine wichtige Voraussetzung geschaffen, in Bezug auf CO₂-Emissionen ein Hilfsmittel zu haben, das die Datenerfassung und Auswertung vereinfacht.

Für das Controlling ist das ein zentrales Instrument, um den Fortschritt zu messen. Bereits im Strategieentwicklungsprozess wurden dafür Erfolgsindikatoren festgelegt. Diese Indikatoren sind Kennzahlen, wie beispielsweise der „prozentuale Anteil vorhandener (wiederverwendbarer) Materialien in einem Bühnenbild“ oder „jährliche CO₂-Emissionen (t)“. Mit dem Klimabilanzierungstool gibt es für einige der Erfolgsindikatoren nun ein praktikables Messsystem.

Nachhaltigkeit steckt schon immer in der DNA von Theatern

Die Dringlichkeit hat sich jedoch in den letzten Jahren immer weiter verschärft. Das äußert sich auch in dem immer stärker und selbstverständlicher werdenden Nachhaltigkeitsbewusstsein der Mitarbeiter:innen der Staatsoperette.

Der Erfolg ihres Prozesses liegt dabei nicht nur darin, dass geplante Maßnahmen in die Tat umgesetzt worden sind, sondern, dass durch jede Veränderung nachhaltiges Denken immer mehr in den Köpfen der Mitarbeiter:innen verankert wird.

Sowohl die Belegschaft als auch die Leitung sieht das ganze Thema als einen dauerhaften Lernprozess, bei dem ein Schritt nach dem nächsten erfolgt und neue Perspektiven eröffnet. Der Erfolg ihres Prozesses liegt dabei nicht nur darin, dass geplante Maßnahmen in die Tat umgesetzt worden sind, sondern, dass durch jede Veränderung nachhaltiges Denken immer mehr in den Köpfen der Mitarbeiter:innen verankert wird. Und damit ein neues „Normal“ am Entstehen ist.

Autor:in: Vera Hefele
Foto: Staatsoperette Dresden
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