Klimaschutz im Museum ist aus vielerlei Gründen eine echte Herausforderung. Hilfestellung gibt seinen Mitgliedern der Deutsche Museumsbund e. V., der nicht nur einen Überblick über die Vielfalt der hiesigen Museen hat, sondern auch weiß, mit welchen Problemen sie bei der Umsetzung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen zu kämpfen haben.
Es gibt große Museen, kleine Museen, öffentlich getragene und solche in privater Hand. Es gibt Museen für alte und neue Kunst, technische und naturwissenschaftliche, archäologische und volkskundliche Museen. Manche Museen residieren in alten Schlössern, manche in preisgekrönter Gegenwartsarchitektur, manche versteckt in unscheinbaren Gebäuden – und manche brauchen gar kein Dach über dem Kopf. Die Vielfalt der deutschen Museumslandschaft ist so einzigartig wie atemberaubend – und findet ein perfektes Spiegelbild in der Mitgliederstruktur des Deutschen Museumsbunds e. V.: Über 1.000 Museen sind hier organisiert. Der Verband bietet neben kulturpolitischer Vermittlungsarbeit u.a. auch die Möglichkeit zur Netzwerkbildung, leistet Unterstützung bei der praktischen Museumsarbeit und informiert über relevante Entwicklungen.
Neben der schieren Bereicherung bringt die Vielfalt der deutschen Museen auch Herausforderungen mit sich, nicht zuletzt beim Thema ökologische Nachhaltigkeit. Zwar arbeiten viele Institutionen schon jetzt mit großer Energie daran, ihren Betrieb so klimaneutral wie möglich zu gestalten. Doch wo es den einen an Mitteln fehlt, fehlt es woanders an der Strategie. Wieder andere, die jetzt schon personell am Limit arbeiten, fragen sich, wie sie zusätzlich zu ihren Tagesaufgaben noch die des Klimawandels bewältigen sollen. Und überhaupt, wenn nun gefordert wird, gemeinsame Schritte zu gehen: Wie soll das funktionieren, wenn die Ausgangslagen so wenig vergleichbar sind? Beim Deutschen Museumsbund hat man diese Problematik erkannt und das Thema Nachhaltigkeit zu einem zentralen Aktionsfeld erklärt. Nicht nur mit warmen Worten, sondern mit Knowhow und praktischen Ideen hilft der Verband seinen Mitgliedsinstitutionen betriebsökologisch auf die Sprünge.
Leitfaden soll die ökologische Transformation erleichtern
„Wenn man von den 17 Nachhaltigkeitszielen der UN ausgeht, verwirklichen die Museen schon ihrem Zweck nach mehrere davon, gerade wenn es um Bildung und Stadtentwicklung geht“, sagt Sina Herrmann, die als Projektleiterin beim Deutschen Museumsbund für die Bereiche Klimaschutz und Nachhaltigkeit zuständig ist. Was die praktische Betriebsführung angeht, gibt es in etlichen Häusern jedoch noch einiges nachzuholen. Unterstützung erhalten sie durch einen Leitfaden, den der Deutschen Museumsbunds im Mai 2023 vorgestellt und unter dem Titel „Action Please!“ auf seiner Website veröffentlicht hat. Entwickelt wurde er von einer Arbeitsgruppe aus rund 70 Museumsfachleuten und Vertreter:innen der Wissenschaft: ein interdisziplinärer Kreis aus Expert:innen, die sich im Zuge des Projekts „Klimaschutz und Nachhaltigkeit im Museum“ zusammengeschlossen haben und überdies auch in anderen Arbeitskreisen und Fachgruppen des Verbands aktiv sind, wo sie bei der Implementierung des Themas Klimaschutz mitwirken.
„Wir wollten etwas in Händen haben, das von allen Museen genutzt werden kann. Jede Institution soll hier das finden, was sie betrifft und umsetzen kann. Nicht alles ist für jeden geeignet, die Themen an sich aber sind so allgemein, dass sie praktisch jedes Museum betreffen.“
Sammlungsmanagement wird zur ökologischen Herausforderung
Dessen ist sich auch Sina Herrmann bewusst. Und doch weiß sie, dass selbst in diesem scheinbar unflexiblen Bereich mehr möglich wäre, als derzeit umgesetzt wird: „Viele Konservator:innen haben Angst, dass ihnen in ihre Arbeit hineingeredet wird. Die gute Nachricht aber ist: Auch hier ist momentan viel in Bewegung, es gibt einen großen Austausch unter den Expert:innen über die Möglichkeit einer angepassten Klimatisierung. Evaluierung bringt oft eine energiesparendere Vorgehensweise hervor.“ Ein heikles Thema ist neben der Konservierung bei vielen Museen das Sammlungsmanagement generell. Manche Sammlung aber ist im Laufe der Zeit, manchmal über Jahrhunderte hinweg, derart ins Uferlose gewachsen, dass ihre Lagerung nicht nur zu Kapazitätsproblemen, sondern auch zur ökologischen Belastung wird. „Das ist ein entscheidender Punkt, bei dem wir den Museen auch sagen müssen: ‚Fragt euch selbst, was ihr davon eigentlich braucht und was nicht vielleicht auch entbehrlich ist‘“, sagt Sina Herrmann, die dabei den Energieverbrauch durch überfüllte Depots in den Blick nimmt – und gleichzeitig die Vorteile einer kompakteren und dadurch nicht selten ansprechenderen Ausstellung. In der Tat: Man muss nicht 18 Feuerwehrschläuche an die Wand hängen, um ein Bild von der Brandschutzbekämpfung im 19. Jahrhundert zu vermitteln. Hinzu kommt: „Ökologisches Handeln ist ja nicht zwangsweise mit ökonomischen Belastungen verbunden. Wer seine Sammlung an die Gegebenheiten anpasst, spart durch geringeren Energieverbrauch auch Geld.“
„Viele Konservator:innen haben Angst, dass ihnen in ihre Arbeit hineingeredet wird. Die gute Nachricht aber ist: Auch hier ist momentan viel in Bewegung, es gibt einen großen Austausch unter den Expert:innen über die Möglichkeit einer angepassten Klimatisierung. Evaluierung bringt oft eine energiesparendere Vorgehensweise hervor.“
Einmündend in Mindeststandards für den Klimaschutz, enthält der Leitfaden neben der Benennung von Aktionsfeldern vor allem auch praktische Empfehlungen. Der auffällige Umfang des Dokuments erklärt sich allerdings nicht nur aus der Ausführlichkeit, mit der die Autor:innen auf die Handlungsmöglichkeiten hinweisen, sondern auch aus der eingangs geschilderten Divergenz der jeweiligen Ausgangssituation. „Wir wollten etwas in Händen haben, das von allen Museen genutzt werden kann“, sagt Sina Herrmann. „Jede Institution soll hier das finden, was sie betrifft und umsetzen kann. Nicht alles ist für jeden geeignet, die Themen an sich aber sind so allgemein, dass sie praktisch jedes Museum betreffen.“ Als dringlichstes Problem für den Klimaschutz steht an oberster Stelle die CO₂-Emission, die sich, wie auch bei anderen öffentlichen Institutionen, im Fall der Museen aus unterschiedlichen Faktoren wie Gebäudeenergieversorgung, Heizung oder Mobilität von Mitarbeitenden und Besucher:innen, aber auch aus Dienstreisen und Transporten speist. Müllvermeidung und ein schonender Umgang mit Ressourcen – die Einführung möglichst geschlossener Materialkreisläufe – gehören zu den weiteren Dauerbrennern, denen sich der Leitfaden widmet. Als besonders wichtigen Punkt spricht er darüber hinaus auch das Thema „Bauen und Sanieren“ an, das für die häufig in historischen Gebäuden residierenden Museen von ähnlich heikler Relevanz ist wie die Frage der richtigen Konservierung: ein nicht zu unterschätzender Aspekt, da generelle Vorgaben zur energiesparenden Absenkung der Raumtemperatur angesichts der speziellen Raumklimaanforderungen von historischen Artefakten nicht immer möglich sind.
„Ökologisches Handeln ist ja nicht zwangsweise mit ökonomischen Belastungen verbunden. Wer seine Sammlung an die Gegebenheiten anpasst, spart durch geringeren Energieverbrauch auch Geld.“
Klar, dass bei aller Aufbruchsstimmung auch im Museumsbereich in Sachen Nachhaltigkeit an einigen Stellen noch Überzeugungsarbeit geleistet werden muss. Neben den praktischen Handlungsanweisungen hilft den Mitgliedern des Deutschen Museumsbunds hierbei auch die enge Vernetzung, die Möglichkeit, durch Erfahrungsaustausch zu lernen. Über den Leitfaden hinaus stellt der Verband auf seiner Website weitere Informationen zu Nachhaltigkeitsthemen zur Verfügung, darunter Informationen über rechtliche Rahmenbedingungen oder umweltfreundlich orientierte Beschaffung. Auch persönliche Beratung bietet der Deutsche Museumsbund über die einzelnen Museumsverbände an und versucht darüber hinaus, in Mitgliederbefragungen ein Bild von den Entwicklungen aufzuzeichnen. „Ganz wesentlich ist für uns auch der Austausch mit politischen Entscheidungsträger:innen auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene“, sagt Sina Herrmann, die damit dem Ruf vonseiten der Museen selbst nachkommt. Je verbindlicher Vorgaben und Ziele seien, desto konkreter sei auch der Handlungsrahmen. Am Ende soll ein Zertifikat für nachhaltige Museen stehen – damit auch wirklich alle an einem Strang ziehen können.